Jahreskonzerte 2008 
 Motto - «Musica Helvetica» 

Ganz im Zeichen der Schweiz, aber unerwartet anders
Konzertbericht von Gisela Tobler im Tagblatt vom Montag, 17. November 2008

Pressebild von Urs Bosshard, Die Stadtharmonie Eintracht Rorschach: Mal neckisch beschwingt, mal mit gewaltigem Tiefgang.RORSCHACH. Dirigent Bruno Erb wählte für das Jahreskonzert der Stadtharmonie Eintracht Rorschach keine leichte Kost, und Gastsolist Christoph Pfändler entlockte seinem Hackbrett überraschende Töne.

Das Thema heisst «Musica Helvetica», und die Programmseite ist mit Schweizer Kreuzen und fahnenschwingenden Menschen dekoriert. Was gewisse Erwartungen erweckt, die sich aber nicht erfüllen, weil Bruno Erb, der neue Dirigent, für sein erstes Jahreskonzert nicht gängige Volksmusik-Klänge ausgewählt hat, sondern Orchesterwerke von Schweizer Komponisten des 20. Jahrhunderts. Anspruchsvolle Kost, wie sie dem hohen Niveau der Stadtharmonie Eintracht durchaus entspricht, aber für das Publikum nicht immer leicht verdaulich ist. Ob das der Grund ist, weshalb der Stadthofsaal, zumindest am Samstagabend, mit etwas über hundert Personen nicht eben gut besetzt ist?


Von der Masse abheben

«Es ist kein Geheimnis, dass wir anders sind und uns von der Masse abheben wollen, vor allem an den Jahreskonzerten», erklärt Eintracht-Präsident Manuel Hutter im Pausengespräch, «dafür nehmen wir einen schwächeren Publikumsaufmarsch in Kauf». Ein oberklassiges Blasorchester stelle nun mal entsprechende Forderungen an die Literatur. Zum Auftakt stimmt der Dirigent Jean Balissats «Le Premier Jour» an, eine poetische Beschreibung des ersten Tages der Erschaffung der Erde. Beileibe keine liebliche Melodie, sondern ein sinfonischer Satz mit gewaltigem Tiefgang, der von den Musikern alles abverlangt. Dass es Bruno Erb gelungen ist, die Stadtharmonie Eintracht zu solchen Leistungen anzuspornen, verdient höchste Anerkennung. Für unbeschwertere Momente sorgt insbesondere die Tambourengruppe mit messerscharfen Rhythmen und einer virtuosen Drumstick-Show, die vom Publikum mit frenetischem Applaus quittiert wird.


Schräge Solo-Einschübe

Der zweite Teil des Abends gestaltet sich insgesamt etwas lockerer und wird von Gastsolist Christoph Pfändler eröffnet, der seinem Hackbrett überraschende Töne entlockt. Zusammen mit dem Orchester interpretiert er «'s isch äbene Mönsch uf Ärde», ein berühmtes Berner Liebeslied aus dem 18. Jahrhundert, das vor zehn Jahren von Thomas Rüedi kunstvoll für Blasorchester transkribiert wurde. Der erst 16jährige Hackbrettvirtuose aus Tübach ergänzt das Stück mit improvisatorischen Solo-Einschüben der schrägen Art, weit entfernt von lüpfiger Appenzeller Volksmusik, dafür nahe am Heavy-Metal-Sound. Nein, man werde ihn nie im «Musikantenstadl» sehen, sagt er im Kurzinterview mit Moderator Christoph Seitz. Mit seinen langen Haaren, die ihm effektvoll um den Kopf flattern, wenn er in einem unglaublichen Tempo auf das Instrument eindrischt, passt der schlaksige Junge denn auch besser in eine Rockgruppe. Dem Publikum gefällt's.


Beschwingt und elegant

Aber auch den Stadtharmonisten gelingt es nach der Pause, die Herzen der Zuhörer zu öffnen. Zum einen mit Francesco Cesarinis «Tom Sawyer Suite», einer neckisch beschwingten und zugleich düsteren Erinnerung an die Figuren des berühmten Romans. Zum andern mit der eleganten «Swiss Festival Ouverture», die der Engländer Philippe Sparke anno 1989 im Auftrag des Berner Musikverbandes als Wettbewerb-Pflichtstück für das Kantonalmusikfest Langenthal geschrieben hat.

Alles in allem: Das Jahreskonzert der Stadtharmonie Eintracht war ein aussergewöhnliches Erlebnis, und das Publikum bedankte sich dafür mit einem langanhaltenden Applaus.

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Titelblatt des Programm-Flyers für das Jahreskonzert 2008 der Stadtharmonie Eintracht Rorschach

Den vollständigen Programm-Flyer gibts zum Herunterladen als PDF-Datei
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