Chronik der Stadtharmonie Eintracht 

Die Eintracht in den 20er-Jahren

In den Jahren nach dem Krieg kam die Wirtschaft nicht so schnell wieder auf die Beine. Arbeitskämpfe, Kriegssteuern und Exportprobleme bremsten den wirtschaftlichen Aufschwung. In Rorschach war zwar zu Beginn der 20er-Jahre eine Besserung zu spüren, aber mit dem Niedergang der Textilindustrie sprangen die Arbeitslosenzahlen bald wieder in die Höhe.

Die Eintracht war direkt von den wirtschaftlichen Entwicklungen betroffen. Die Arbeitslosigkeit drückte auf die Mitgliederzahl, die nach dem Krieg zuerst noch angestiegen war. Im Jahr 1923 war die Situation besonders schlimm. Acht aktive Musikanten traten aus der Eintracht aus, die meisten wegen mangelnder Verdienstmöglichkeiten.

Auch um das Vereinseinkommen stand es in dieser Zeit nicht besonders gut. In den Präsidentenberichten taucht der Ausdruck "ernste finanzielle Krise" immer wieder auf. Sogar die Zeitung wusste über die Strapazen der Vereinskasse Bescheid. 1928, nach einem gelungenen Fasnachtskonzert, hoffte das Ostschweizer Tagblatt: "Mögen die Wünsche der Eintracht in Erfüllung gehen und ihr nach 7 mageren nun 7 fette Kassenjahre beschieden sein". Leider war das besagte Konzert wieder defizitär. Der finanzielle Erfolg liess auf sich warten!

Musikalisch ging es hingegen steil bergauf. Trotz knappem Budget konnte 1919 mit Fritz Voigt ein ausgezeichneter Dirigent verpflichtet werden (der später für seine Verdienste auch die Ehrendirigentschaft bekam). Unterhaltungsabende mit Theater und Fasnachtskonzerte erhielten ihren festen Platz im Jahresprogramm. Das Publikum schätzte diese Anlässe. Der Saal im Hotel Krone (mit Platz für 700 Personen) war oft nicht gross genug, wenn die Eintracht aufspielte! Aber nicht nur die Quantität der Besucher, auch die musikalische Qualität schien zu stimmen. In einer Konzertkritik von 1920 stehen die lobenden, wenn auch schwer verständlichen Worte: "Die Eintracht bewältigt das kraftvolle Genre heute ebenso gut, wie sie unter feiner Pointierung des vornehm-künstlerischen Parts verwöhnten Ohren einen Schmaus zu bereiten vermag." Kompliment!

Auch anderweitig waren Erfolge zu verzeichnen: Ein von der Eintracht organisiertes internationales Musikfest war tagelang das Gesprächsthema in Rorschach, bei ihren Waldfesten und Seefahrten kamen die Leute "zu Hunderten und Tausenden", und nach Vereinsreisen ins Tessin und nach Chur hiess es: "Möge der Verein mehr solche lustigen Ausflüge machen." Die Eintracht, die mittlerweile ihr 20-jähriges Bestehen feiern konnte, war klar auf dem Weg nach oben. Finanzielle Sorgen hin oder her!

Zum vorhergehenden Kapitel: Kriegsjahre < Übersicht > Zum nächsten Kapitel: 30er-Jahre